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Wassertemperatur: Von Hobbywissenschaft und Badespaß

28.07.2024

Eine Person, von der nur die Hand zu sehen ist, hält ein Badethermometer in das flache Wasser eines Sees.

Ein simples Badethermometer wird zum hobbywissenschaftlichen Werkzeug.

Wenn es raus ans Wasser geht, gehen die Meinungen über angenehme Wassertemperatur zum Baden oft stark auseinander. Während Person A beherzt in die kühlen Fluten springt, steckt Person B vorsichtig einen Zeh ins Wasser und zieht sich schaudern wieder zurück. Woran liegt das? Und gibt es grundsätzlich oder individuell gesunde oder ungesunde Temperaturen?

Um uns der Antwort auf diese Frage schrittweise zu nähern, können wir schon einmal festhalten, dass es objektiv zu heiße und zu kalte Temperaturen gibt: In hundert Grad Celsius heißem Wasser würde ein Mensch gekocht, in null Grad kaltem Wasser würde er gefrieren. Aber nicht erst Kochen oder Gefrieren sind schädlich: Die Körpertemperatur des Menschen liegt bei etwa 37 Grad Celsius - nach neueren Erkenntnissen durchschnittlich etwas darunter. (siehe Bayrischer Rundfunk: "Ab wann ist es Fieber"[externer Link]). Erhöhte Körpertemperatur und Fieber als stark erhöhte Körpertemperatur sind ein ernstzunehmendes Krankheitssymptom. Schon bei 42 Grad wird Körpertemeperatur lebensgefährlich. Badet man längere Zeit in Wasser, das wärmer als die gesunde Körpertemeperatur ist, kann man quasi Fieber erzeugen. Bei Wasser, dass sich zunächst angenehm warm anfühlt, ist also durchaus Vorsicht geboten. Dieses Risiko gilt natürlich eher für die heimische Badewanne als für ein natürliches Gewässer. Aber auch kaltes Wasser wird unter Umständen schnell riskant: ernste Unterkühlung und der akut lebensgefährliche Kälteschock drohen schon bei Temperaturen um 14 Grad. (siehe Andreas Sträter: "Das passiert in deinem Körper bei einem Kälteschock" [externer Link]) Gerade von Sprüngen in ein Badegewässer, dessen Temperatur man nicht vorher behutsam getestet hat, ist deshalb abzuraten.

Mir wurde dieses Jahr klar, dass ich all diese Dinge noch gar nicht wusste und dass ich mein eigenes Empfinden der Wassertemperatur gar nicht in Zahlen ausdrücken konnte. Ich hatte zwar schon eine Weile die Entwicklung der langfristigen durchschnittlichen Wassertemperatur in unseren Gewässern verfolgt; und ich meinte mich zu erinnern, dass Schwimmbäder vor vielen Jahren meist 28 Grad warm waren. Die Temperatur eines Badegewässers einzuschätzen sah ich mich aber trotzdem nicht in der Lage. Deshalb habe ich mir ein simples Badetermometer gekauft und nehme es nun zu meinen Ausflügen an die Schleswig-Holsteinischen Badestellen mit. Gerne frage ich auch mal andere Badegäste, wie sie die Wassertemperatur einschätzen. Bisher lagen die meisten Leute weit daneben. Genau wie ich schätzen sie Temperaturen von 22 bis 26 Grad eher als unter 20 Grad ein.

Ein Mann in dunkelblauem Poloshirt, gelber Badehose und grüner Baseballkappe steht bis zu den Knien in einem See und hält ein Thermometer ins Wasser.
Der Typ, der erstmal sein Thermometer zückt, bevor er ins Wasser geht. Und nein: Ich arbeite nicht am IPN. Ich habe nur Connections dahin und finde die Polo-Shirts super.

Für andere Badegäste ist es bestimmt ein seltsamer Anblick, wenn ich bei den ersten Schritten ins Wasser mein Thermometer mitnehme und die Temperatur messe. Vermutlich wirkt es, als wäre ich ein Hypochonder oder Kurgast auf Abwegen. Dabei bin einfach nur ein Nerd!

Wie gesagt bin in nach den ersten Schritten im Wasser, die sich immer so kalt anfühlen, stets überrascht, wenn das Thermometer 24 Grad anzeigt wie kürzlich zum Beispiel in der Schlei, im Idstedter See und im Ahrensee. Nach den ersten Schritten und der kleinen Willensanstrengung des Untertauchens finde ich das Ganzkörper-Baden bei diesen Temperaturen und warmem Sommerwetter sehr angenehm.

Ein Mann steht bis zur Brust im Wasser eines Sees und wirft einen Blick auf ein Thermometer.
Da auch die Temperatur im etwas tieferen Wasser interessant ist, muss voller Körpereinsatz her. Schwimmen im Idstedter See für die Wissenschaft. Ich beklage mich nicht.

Natürlich bleibt es Geschmackssache, ob und bei welcher Wassertemperatur ein Fußbad oder ein paar Schwimmzüge in See, Fluss oder im Meer angenehm sind. Aber wie steht es objektiv um die Gesundheit? Ist es tatsächlich gesundsheitfördernd? Und, wenn ja, wie lange und bei welcher Temperatur? Die gesundheitsfördernde Wirkung, die Kneipp-Bädern, Wechselduschen und Eisbaden nachgesagt wird, ist offenbar wissenschaftlich bisher nicht belegt. (siehe Patz und Essig: "Kalt duschen oder Eisbaden: Ist das gesund?" [externer Link]) Ich vermute, dass sich dies auf sommerliche Abkühlung in unseren Gewässern übertragen lässt. Solange man also auf den eigenen Körper achtet, nicht unvorbereitet ins Wasser springt, und sich in dem Rahmen bewegt, in dem Unterkühlung ausgeschlossen ist, bleibt es also wohl ein Typfrage, ob ein kühles Bad im Sommer eine coole Sache ist. Wer nicht nur planscht, sondern auch ein paar Minuten schwimmt, tut dagegen gewiss etwas für die eigene Gesundheit; denn dass der Schwimmsport gesund ist, ist vielfach belegt. (siehe z.B. Birgit Augustin: "Regelmäßiges Schwimmen fördert Hirnleistung")

Was haben wir hieraus nun gelernt? Eigentlich nicht viel. Wer es noch nicht wusste, kann nun beherzigen, dass plötzliches Eintauchen in kaltes Wasser lebensgefährlich ist - eine Gefahr, die im warmen Sommer leicht zu unterschätzen ist. Und ich weiß nun, dass ich ohne Thermometer die Wassertemperaturen ziemlich falsch eingeschätzt hätte. Vielleicht wollt ihr eure eigene Wahrnehmung ja auch einmal überprüfen. So ein Badethermometer kostet keine fünf Euro. Für mich selbst war der Spaß etwas teuer, weil ich vor Erwerb des Badetermometers ein batteriebetriebenes Backthermometer unachtsamerweise im Westensee kurzgeschlossene und verschrottet hatte. Aber hey... alles im Namen der Wissenschaft.