Hydrophil SH - Alles über Gewässer in Schleswig-Holstein

zurück

Wasser in Computerspielen

10.01.2024

Szene aus dem Computerspiel 'Virtuaverse' in dem der in Lederjack und Kapuze gekleidete Protagonist nachts auf einem Steg steht und aufs Wasser blickt.

Szene aus dem Computerspiel "Virtuaverse" von Theta Division: Protagonist Nathan auf einem Steg (eigener Screenshot).

Wasser ist nicht nur in der realen Welt faszinierend. Auch bei der Entwicklung von Computerspielen ist Wasser seit gut dreißig Jahren eine spannende Herausforderung. Seit Computerspiele soweit waren, die Spieler nicht nur durch Geschicklichkeitsaufgaben oder packende Geschichten sondern auch mit mitreißenden bewegten Bildern zu begeistern, war die Darstellung von Wasser und die Simulation seiner Physik fast so etwas wie der Heilige Gral. Wenn ein neues Spiel mit einer neuen Grafik-Technik herauskam, war es jahrelang gute Tradition unter Spielern, besonderes Augenmerk auf Wasser zu setzen. In jeder Fantasy-Welt, die man am Bildschirm frei erkunden durfte, ließ man den Ritter oder die Zauberin, die man spielte, immer möglichst schnell in den nächsten Teich springen, um zu sehen, wie gut Wellen, Spritzer und Lichtbrechungen dargestellt waren. Und in Spielen, die weniger Bewegungsfreiheit boten, konnten zumindest gut dargestellte Reflexionen im bewegten Wasser für viel Atmosphäre sorgen.

Die Entwicklung der Grafik von Computerspielen seit den späten 1980er Jahren bis heute ist in vieler Hinsicht beeindruckend. Die Fortschritte, die die Simulation von Wasser gemacht hat, ist aber besonders faszinierend. War es mit einer sehr geringen Anzahl von Farben und sehr geringer Bildauflösung zunächst kaum möglich, etwas anderes als einfache eckige Räume überzeugend darzustellen, wagten die Spieleentwickler sich im Gleichschritt mit dem technischen Fortschritt langsam auch an Naturdarstellungen. Das Strategiespiel "Sim City 2000" von Maxis und Electronic Arts aus dem Jahr 1995 verfügt bereits über eine recht breite Farbpalette und hübsche Animationen. In der von oben betrachteten Spielwelt, in der es darum geht, erfolgreich eine Stadt aufzubauen und zu managen, gibt es durchaus Wasser. Dieses ist aber noch als eine völlig konturlose Fläche in einem einzigen Blauton dargestellt. In dem drei Jahre später veröffentlichten Fantasy-Rollenspiel "Might and Magic 6" von New World Computing und 3DO hat das Wasser schon eine ruckelig animierte, an Wellen erinnernde Textur. Und wenn ein Held oder eine Heldin Pfeile ins Wasser schießt, gibt es eine kleine Spritzfontäne.


Auf einem Screenshots aus dem Computerspiel 'Sim City 2000' ist in alter Computergrafik eine Stadt am Rande eines Gewässers zu sehen.
Szene aus "Sim City 2000" von Maxis: Eine im Aufbau begriffene Stadt samt Industriegebiet liegt an einem Gewässer. Das Wasser ist einfarbig blau und ohne Textur dargestellt (eigener Screenshot).


"Quake" von id Software setzte 1996 neue technische Standards. Das Action-Spiel richtet sich an Fans von Gothic Horror und lauter Knallerei. Aus der Ich-Perspektive gilt es, durch dunkle Höhlen, Burgen und Verließe zu irren und bösen Monstern mit Beil, Schrotflinte, Granatwerfer und Co. den Garaus zu machen. Quake begeisterte Spieler anno '96 nicht nur damit, dass die komplette Spielwelt in damals noch ungewöhnlicher 3D-Grafik gezeigt wird, sondern auch mit Wasser, in dem man dreidimensional schwimmen und tauchen kann. Beim Tauchen verfärbt sich das Bild. Die Farben werden grünlicher und die Kontraste schwächer, so dass der Eindruck, man befinde sich tatsächlich unter der Wasseroberfläche, für die damalige Technik sehr gut entsteht. Die Wasseroberfläche ist zwei vollkommen flach aber mit animierter Textur, so dass sich Wellenbewegungen erahnen lassen. Durchsichtig ist sie dagegen nicht.


Auf zwei Screenshots aus dem Computerspiel 'Quake' wird die Wasseroberfläche und die Ansicht unter Wasser gezeigt.
Szene aus "Quake" von id Software: In einer Felshöhle führt eine Metalltreppe ins Wasser; Ansicht sowohl über als auch unter Wasser (eigener Screenshot).


Ravensoft entwickelte die Technik von Quake weiter und veröffentlichte damit 1998 sein Spiel "Hexen 2". Hexen 2 ist eine Mittelalter-Fantasy-Variante von Quake, die neben Geschicklichkeit erfordernden Kämpfen deutlich mehr Story und Rätsel beinhaltet. Wer Quake schon kannte und dann Hexen 2 spielte, war unter anderem von den transparenten Wasseroberflächen beeindruckt. Die Wasseroberfläche ist bei Hexen 2 eine Art glatte Tapete mit waberndem Muster ähnlich wie bei Quake, nur dass man hier schemenhaft durch sie hindurchsehen kann wie bei echtem Wasser. Wellen oder Wasserspritzer sucht man bei Hexen 2 aber auch noch vergeblich. Das technisch insgesamt weniger beeindruckende Might and Magic 6 ist an diesem Punkt schon weiter.


Auf einem Sceenshot aus dem Computerspiel 'Hexen 2' ist im Wasser eines Burggrabens eine Krake zu sehen.
Szene aus "Hexen 2" von Ravensoft: Blick über die Armbrust in einen Burggraben; durch die Wasseroberfläche ist ein krakenartiges Wassertier zu sehen (eigener Screenshot).


Sowohl bei Quake als auch bei Hexen 2 sowie vielen anderen Spielen hat das Wasser mehr als nur dekorative Zwecke. Durch Burggräben zu schwimmen und in Höhlen zu tauchen bringt auch interessante spielerische Aspekte mit sich. Vor allem die Gefahr des Erstickens bei zu langem Tauchen ist eine der Herausforderungen in den Fantasiewelten, in denen Spieler sich als todesmutige Helden erleben können. Und dann ist da noch das Fischen. "Age of Empires" von Mattel Interactive und Microsoft aus dem Jahr 1998 sowie "Torchlight 2" von Runic Games und Gearbox Publishing aus dem Jahr 2012 sind zwei der vielen Spiele, in denen man am Wasser mit Netz oder Angel auf Beutefang gehen kann. Vermutlich am meisten spielerische Bedeutung hat Wasser in Strategiespielen wie Sim City 2000. Wie im echten Leben ist es ein geographisches Hindernis, kann aber auch als Schiffahrtsroute genutzt werden. Für politische, wirtschaftliche und militärische Planer spielt es deshalb eine große Rolle.

Einen Evolutionssprung in der Darstellung von Wasser sieht man in "Outcast", das 1999 von Infogrames veröffenlicht wurde. Outcast ist ein Science-Fiction-Spiel, dessen Handlung auf dem fremden Planeten Adelpha stattfindet. Neben Kämpfen, durch die die Spielerin ihren Helden aus einer dritte-Person-Perspektive lenken muss, machen die Erkundung schöner Landschaften und eine spannende Geschichte den Reiz von Outcast aus. Für die Darstellung von Landschaft inklusive Wasser gingen die Entwickler mit der sogenannten Voxel-Grafik einen anderen technischen Weg geht als die meisten anderen Spiele jener Ära, die auf Polygon-Grafik setzten. Outcast sieht deshalb eher ungewöhnlich aus und war zur Zeit seines Erscheinens durchaus beeindruckend. So auch das Wasser. Anders als bei Hexen 2 schlägt das Wasser Wellen, wenn die Spielfigur hineinspringt und darin Schwimmbewegungen macht.


Auf einem Sceenshot aus dem Computerspiel 'Outcast' ist zu sehen, wie ein Mann in einer winterlichen Landschaft in grünlichem Wasser schwimmt.
Szene aus "Outcast" von Infogrames: Cutter Slade schwimmt in einer Winterlandschaft in grünlichem - und vermutlich sehr kaltem - Wasser. Das Wasser wirft abhängig von seinem Schwimmbewegungen ringförmige Wellen (eigener Screenshot).


Nachdem um das Jahr 2000 3D-Welten mit durchsichtigem Wasser, in dem man sich bewegen konnte, Standard geworden waren, konnten Computerspiele-Entwickler ihre Fans nur noch mit besserem Aussehen oder besserer Simulation der physikalischen Eigenschaften von Wasser beeindrucken. Vor allem in Sachen Aussehen machten Computerspiele in den letzten zwanzig Jahren gewaltige Fortschritte. Im Jahr 2006 veröffentlichten Crystal Dynamics und Eidos Interactive mit "Tomb Raider Legend" ein weiteres Abenteuer der Videospiel-Ikone Lara Croft. Zu den Abenteuern, die Lara Croft im Stile eines Indiana Jones erlebt, gehören traditionell auch aufregende Einsätze im Wasser. Für Tomb Raider Legend griffen die Entwickler tief in ihre Trickkiste: Nicht nur sind Wellen und Wasserfälle schön in voller Dreidimensionalität animiert - und fordern die Computerhardware für 2006er-Verhältnisse extrem heraus - sondern wenn Lara durch Bäche läuft oder in Teiche springt, spritzt rund um sie das Wasser auf. Begibt sie sich nach einer Schwimmeinlage wieder an Land, tropft sie außerdem für ein paar Sekunden am ganzen Körper und die Haut glänzt nass. Der Prozess, wie ein menschlicher Körper nass wird und wieder trocknet, ist hier beeindruckend nachempfunden. Im nächsten Teil der Serie, "Tomb Raider Underworld" von 2008, wurde wassermäßig noch nachgelegt. Das Spiel startet einem kurzen dramatischen Intro in einem brennenden Haus gleich einige Kilometer von einer tropischen Insel entfernt auf einer kleinen Motoryacht, von der aus Lara sich aufmacht, versunkene Ruinen zu erkunden. Dafür tauscht sie sogar ihre Markenzeichenkleidung aus Shorts und Top gegen einen Badeanzug ein. Laras Tauchgang in der Unterwasserlandschaft ist so gekonnt in Szene gesetzt, dass sich hier heftiges Urlaubsgefühl einstellt.


Auf einem Sceenshot aus dem Computerspiel 'Tomb Raider Legend' steht eine Frau vor einem Wasserfall.
Szene aus "Tomb Raider Legend" von Christal Dynamics: Lara Croft vor einem Wasserfall; das Wasser, das von ihr herabtropft, zeugt davon, dass sie gerade noch geschwommen ist (eigener Screenshot).


Weniger prominent und verbreitet sind Spiele, die physikalischen Eigenschaften von Wasser geschickt nachgeahmt haben. So eines ist das Science-Fiction-Aufbauspiel "Oxygen Not Included" von Klei Entertainment aus dem Jahr 2019. Hier ist es das Ziel, in einer 2D-Seitenansicht innerhalb eines Asteroiden eine Kolonie aufzubauen, in der gestrandete Astronauten überleben können. Der Asteroid besteht neben verschiedenen Sorten Gestein und Metall auch aus Wasser. Das Wasser ist bei Oxygen Not Included einerseits überlebenswichtige Ressource, andererseits Gefahr - wie im echten Leben. Bohrt man beispielsweise versehentlich eine Wasserkammer an, die über dem Schlafsaal liegt, fließt das Wasser gnadenlos nach unten, tieferliegende Räume werden unbenutzbar und die Kolonisten erkälten sich wegen der nassen Füße. Nicht ganz so aufwendig ist die Simulation der Auftriebskraft, die man zum Beispiel in Jump-and-Run spielen mitunter antrifft. Die Spielfigur kann ins Wasser springen und darin schwimmen. Tauchen erfordert aber zusätzlichen Einsatz vom Spieler da die Auftriebskraft die Spielfigur bei Untätigkeit ständig wieder nach oben drückt.

Unabhängig vom Stand der Technik gibt es in Computerspielen wie in jeder Form der Kunst die Möglichkeit, der Rezipientin Dinge zu vermitteln ohne sie zu zeigen. Andeutende Formulierungen und Implikationen durch Kontext regen die Fantasie an und machen Kunst dadurch oft umso wirkungsvoller. So ist es auch möglich, in Computerspielen Wasser zum Spielelement zu machen ohne es zu zeigen. "Aquaria" von Bit Blot ist ein Beispiel dafür. Hier schlüpft der Spieler in die Rolle einer Nixe (nicht die Art mit Fisch-Schwanz), einer Meeresfee namen Naija, die sich nach einer Art Erweckungserlebnis auf Sinnsuche begibt. Die Spielwelt besteht aus Unterwasserhöhlen, die in einer Mischung aus Cartoon und Jugendstilmalerei in seitlicher 2D-Perspektive dargestellt werden. Teilweise sind in diesen überfluteten Höhlen Strömungen sichtbar, aber meistens ist das eigentliche Wasser gar nicht zu sehen. Vielmehr wird es durch Naijas Schwimmbewegungen, durch wabernde Lichtstrahlen, Luftblasen sowie Meerestiere- und Pflanzen angedeutet.


Auf einem Sceenshot aus dem Computerspiel 'Aquaria' ist eine Nixe in einer Unterwasserhöhle zu sehen.
Szene aus "Aquaria" von Bit Blot: In einer Unterwasserhöhle schwebt Nixe Naija zwischen Wasserpflanzen und Fischen (eigener Screenshot).


Abgesehen davon, dass es schön anzusehen und spielerisch interessant ist, hat das Wasser, so wie es in manchen Computerspielen dargestellt und thematisiert wird, vielleicht die Chance, bei Spielerinnen das Bewusstsein dafür zu wecken, wie schön und wichtig natürliche Gewässer sind und warum es die Mühe wert ist, sie zu schützen. In Aquaria lernt man eine sensible, liebenswerte Meeresbewohnerin kennen, deren Lebensraum natürlich niemand durch Müll und Abwasser würde verderben wollen. In Tomb Raider Legend geht man unter tropischer Sonne in klarem Wasser baden. Das wäre wenig romantisch, wenn einem Plastiktüten und Orangennetze entgegenkämen. Und Strategiespiele wie Age of Empires erinnern daran, dass Menschen saubere Gewässer brauchen, wenn sie sich mit Fischen als Narungsmittel versorgen wollen.

Und um mit einer weniger schweren Note zu enden: pädagogische Wirkung hin oder her gibt es eine Menge Computerspiele, mit denen Wasserratten die Wintermonate überbrücken können, wenn ihnen für Aktivitäten an echten Gewässern das Wetter zu ungemütlich ist.